"Tod" von gwennifer

"Tod" von gwennifer

Tot“.... der Gedanke trieb sie fort.. brannte sich in ihre Gedanken. „ Tot... ich war... dabei.. als.. er starb....“ unbarmherzig hämmerten sich diese Worte in ihr Hirn.... Hingeworfen wie Nebensächlichkeiten.. gerichtet an ein zu gnadenloses Kind..... Fetzen aus einem Gespräch.. das sie nichts anging... und sie doch mehr betraf, als es den beiden dort klar war.
Grausam höhnte die ruhige Stimme der anderen in ihren Ohren.

Fort... nur fort .. sie konnte nicht länger bleiben.. gute Mine zum bösen Spiel machen..weg.. nur weg.. irgendwohin.. wo sie endlich allein war.. und .. weinen konnte.
Ihr Inneres krampfte sich schmerzhaft zusammen. Quälende Übelkeit stieg ihr den Hals hinauf. In ihrem Mund sammelte sich der Speichel wie ein wachsender See. Bitter lief er ihr den Rachen hinunter. Schlucken.. Schlucken... WEG.. nur weg.. am besten weit fort.. von ihnen.. die ihr so grausam Gewissheit verschafft hatten.

Die Zeit ihrer rastlosen Suche war vorüber.. oder begann sie erst..? Gähnende Leere in ihren Gedanken..
Sie nahm kaum noch etwas von dem war, was um sie herum vorging, eilte fort von der Stimme , die leise und doch alles übertönend in ihren Ohren dröhnte.

Ihr weißer Umhang schwang um die schmale Gestalt.. die wie gehetzt floh. Jede Faser ihres Körpers schmerzte.. keinen klaren Gedanken konnte sie mehr fassen. Die silbernen Augen, die sonst so klar und sanft erstrahlten , waren dunkel. Riesengroß standen sie in einem totenbleichem Gesicht.. dunkel wie geschmolzenes Silber. Gleich tiefen Seen schwammen sie in einem Meer von Tränen, die ihr unablässig über die Wangen rannen. Jedes Gefühl für Raum und Zeit war ihr entglitten. Die Straße glitt unter ihren Füßen dahin. Kleine Steine knirschten. Fort.... weg.... Sie wusste kaum noch, wo sie war... wohin sie lief... Meter um Meter legte sie zurück wie im Traum... Häuser und Bäume.. Büsche und Blumen hinter sich lassend...

Die Priesterin war nicht mehr fähig, irgendetwas zu denken.. zu empfinden.. außer der Woge sengenden Schmerzes.. der ihr Herz fest in Griff hatte. Sie eilte durch die Straßen ihrer Heimatstadt.
Ihre Seele schrie stumme Schreie. Es trieb sie ihrem Zuhause entgegen.. dem Ort ihrer Zuflucht.. allein sein.. weinen.. sich endlich in ihren Schmerz und ihre Trauer fallen lassen können.
Es hatte sie wie ein Keulenschlag getroffen. Obwohl sie damit seid langem gerechnet hatte. Hatte sie doch nie die Hoffnung aufgegeben, eine Spur von ihm zu finden... Zu ihm zu finden.. durchzudringen.. das Eis um ihn herum zum schmelzen zu bringen...
Bei ihm sein... sich in seine Arme sinken lassen... ihre schlanken Arme um seinen kraftvollen Körper zu legen. Der Duft ,der ihn stets umgeben hatte stieg ihr in die Nase und trieb ihr erneut einen Tränenstrom aus den Augen. Seine dunkle Stimme flüsterte ihr leise Worte zu. Wieder und wieder sah sie seine dunkle Gestalt vor sich.. aus dem Schatten erscheinend oder mit ihm verschmelzend... Wieder und wieder krampfte ihr Herz sich vor Kummer und Sehnsucht zusammen.

Doch sie lief.. sie lief und lief.. unaufhörlich.. rastlos... ruhelos...nicht wissend.. wie weit und wie lange. So war es nun also wirklich zu Ende... oder ... auch nicht...?

Ihre Füße trugen sie unbewusst über die gepflegten Straßen und Brücken , dem Tempel entgegen. Breit und strahlend weiß lag sie im gleißenden Sonnenlicht vor ihr.. Am Ende erhob sich massiv und stark der runde Kuppelbau.. getragen von schweren Säulen aus weißem Stein. Dort oben lag das Ziel ihrer rastlosen Flucht.. dort oben.. konnte sie weinen.. konnte sich fallen lassen in den Klang der Harfen und das gedämpfte Licht.. : Dort konnte sie sich endlich ....

Plötzlich zerriss der Nebel.. der ihr Bewusstsein einschloß . Ruhig drang die Stimme einer anderen Frau zu ihr durch. „Schwester.. verzeih ..“.. Ihre Schritte stockten und sie wandte sich um... Totenbleich war das Gesicht.

Sie presste die Lippen fest aufeinander , die Schreie und das Schluchzen erstickend.. die ihr den Hals zuschnürten. Ganz langsam, bewegte sie sich wie im Traum auf die andere zu.. die vor ihr am Rand der Brücke stand.. eingehüllt in eine Rüstung.. das Gesicht unter einer Kapuze verborgen. „ Kanntet ihr eine..... .“
Mühsam versuchte sie den Worten zu folgen.. zu begreifen, was sie von ihr wünschte.. Wie ein Automat reagierte sie ruhig auf die gewohnte Art und Weise.
Kaum nahm sie wahr, was um sie herum geschah. Von irgendwo drangen Geräusche an ihr Ohr. Sie handelte , sie sprach, aber es war ihr nicht wirklich bewusst, was sie da tat. Gestalten bewegten sich um sie herum, verschwommen im Nebel, der ihr Hirn umgab. Nur schemenhaft nahm sie sie war. Es war ihr klar, das sie wohl merkwürdiger denn je wirken mochte. Doch konnte sie es nicht ändern.. es war.. egal.. unwichtig. Nur ihre schiere Willenskraft hielt die Priesterin aufrecht. Der Gedanke dran., das sie es irgendwie überstehen musste.

Dann , mit einem Mal löste sich das Chaos auf und Stille trat ein, so vollkommen und tief, das sie ihr in den Ohren schmerzte. Beißende Übelkeit schlug wie eine haushohe Welle über ihr zusammen. Sie drohte sie zu überwältigen, in die Knie zu zwingen.
Ihre schmale Hand presste sich gegen die Säule.. die hell und strahlend neben ihr emporragte. Dunkelheit breitete sich in ihr aus, drohte sie zu überwältigen.. sie zu verschlingen. Hart und kalt war der Stein unter ihrer Hand.. weiß die Fingerknochen verfärbt, weißer Stoff, der ihren gemarterten Körper kühlte. Mühsam schwankte sie.. verzweifelt gegen den Sog ankämpfend, der sie zu verschlingen drohte. Atmen... nur atmen... Luft holen gegen die Übelkeit und den Schmerz, der ihr die Kehle abschnürte.
Aus weiter Ferne drang dumpf de besorgte Stimme eines Mannes an ihr Ohr. Worte, die keinerlei Bedeutung hatten verklangen wie das Rauschen des Windes. „ Nach Hause.... bringt... heim“ . Ob sie es laut gesagt hatte.. oder aber der Gedanke übermächtig in ihr wurde.. sie wusste es nicht. Entscheidend war, das ein Arm unter den ihren glitt, ihr Gewicht übernahm.
Schwer lehnte sie sich dagegen. Ihre Füße.. nun der Aufgabe beraubt, ihren Körper allein tragen zu müssen setzten sich in Bewegung, Bunte Nebelschleier tanzten vor ihren Augen. Langsam begann sie , an der Seite des Mannes vorwärts zu gehen,. Es tat ihr gut zu laufen.. sich einem Ziel entgegen zubewegen ohne darauf achten zu müssen.. wohin sie lief.. ohne dafür verantwortlich zu sein.. das Gleichgewicht ihres Körpers aufrecht zu erhalten. Der Schmerz. Der wie Feuer in ihrem Inneren brannte, lies ihr Gesicht totenbleich erscheinen und trieb ihr das Wasser in die Augen. Tränen rannten ihr nun endlich über die Wangen.. wahre Ströme ergossen sich aus ihren Augenwinkeln, linderten endlich das, was so tief in ihr brannte. Langsam.. ganz langsam tauchte sie wie aus einem tiefen eisigen See an die Oberfläche. Langsam.. ganz langsam wurden aus den bunten Schleiern vor ihren Augen wieder Bilder, formte sich der Weg.. die Bäume waren wieder Bäume und der Mann an ihrer Seite einer der Ritter, die neuerdings in Scharen die Stadt heimsuchten. Im Gegensatz zu den anderen, die nur bemüht schienen, ihre dunkle Gestalt durch ihre Rüstungen noch zu betonen, war er von Kopf bis Fuß in eine weiße Rüstung gekleidet, die ihn seltsam wirken lies. Aber.. was war schon nicht seltsam in diesen Tagen ?
Er führte sie im Schatten der mächtigen Zweige , der luftigen Häuser ihrem Heim entgegen. Allmählich erlangte sie die Gewalt über ihren Körper zurück, begann, ihre Gedanken zu ordnen. Zwar zitterte und bebte sie noch wie Espenlaub, doch wenigstens drohte sie nicht mehr auf der Stelle zusammenzubrechen. Der beißende Schmerz verebbte zu einem dumpfen Pochen. Wie gewohnt verschloss sie das.. was in ihr bohrte in einem festen Kokon. Fügte es der Sammlung der kleinen Knoten hinzu, die ihr ins Fleisch bissen.
Meter um Meter legte sie am Arm des Mannes zurück. Meter um Meter kam sie dem großen Kuppelbau näher. Als sie den breiten Rundgang erreichten, schälte sich aus dem hellen Gegenlicht eine vertraute Gestalt.
„ Alles in Ordnung, Mutter ? Ich wollte dich gerade suchen gehen.“ Die Stimme des jungen Mannes klang besorgt. Aufmerksam glitten seine dunklen Augen über die zitternde Gestalt, die mehr am Arm des Ritters hing, als sich selbst aufrecht zu halten. Sie sah ihn nur an. Er trat auf ihre andere Seite, ergriff beruhigend stark ihren anderen Arm und zog sie an sich. Ganz leise flüsterte sie ihm zu: „Es.. es.. ist.. „ „ Schhhh-- ganz ruhig. Erzähl es mir später.“

Verständnis trat in seine Augen . Sein Arm umschloss fest ihre Hüfte und so glitt sie , gehalten von starken Händen dahin, tauchte ein in das warme Licht des Tempels. Beruhigend vertraut erklang das Plätschern des Wassers im Brunnen.
Das grelle Licht der Sonne wich dem sanften mattgrünen Dämmern. Sie sank am Brunnenrand nieder.. endlich in Sicherheit.. endlich daheim.
Ein Sturm von Gefühlen wallte in ihr auf.
Doch neben ihr saß die große breite Gestalt des Sohnes, warm und vertraut, ein Felsen.. der ihr Halt bot , an den sie sich klammern konnte.
Weinend sank sie in seinen Armen zusammen, endlich Befreiung und Trost findend. Verzweifeltes Schluchzen kündete von ihrem Gram.
Die zarten Schultern bebten. Gehalten von den Händen des Paladins, der ihr zum Sohn geworden war, lies sie sich fallen, weinte zum ersten Mal seid langem um den Mann, den sie liebte. So lange einsam und doch niemals allein war die Priesterin zum ersten Mal nur noch Frau und Geliebte, die mit jeder Faser ihres Körpers sehnsuchtsvoll seinen Namen rief. Die jungen festen Hände strichen ihr zärtlich über den Rücken, hielten sie fest. Ein Fels in der Brandung, ja.. das war er für sie. Er hatte inzwischen verstanden. Was geschehen war. Sie spürte den sanften Blick seiner Augen auf sich ruhen. Nach einer Weile hörte das Schluchzen auf und ihr Weinen verstummte. Ein Gedanke hatte Gestalt in ihr angenommen. Ein Bild stieg in ihrem Geiste auf. Ein uralter Platz, tief in den Wäldern des Eschentals zog sie magisch an. Ein Felsen darin... unzählige Male schon hatte sie darin Ruhe und Geborgenheit gesucht, hatte sich in die Umarmung seiner Schatten zurückgezogen. Dorthin wollte sie.. dorthin musste sie.
Mit unendlich müder Geste strich sich die Verzweifelte das vom Weinen verklebte Haar aus dem Gesicht und beugte sich zum Brunnen nieder. Sie tauchte die hohlen Hände in das Wasser und benetzte ihr Gesicht wieder und wieder mit dem kristallklaren Nass. Sie kühlte ihr Anlitz , bis das Brennen in ihren Augen auf ein erträgliches Maß zurück gegangen war. Sorgsam vermied sie, ihr Spiegelbild zu betrachten. Als sie sicher war, ihre Stimme in Griff zu haben, wandte sie sich zu dem Ritter um, der noch immer sichtlich nervös am Rande des steinernen Becken stand. „Habt dank für die Hilfe.“ Die Elfe neigte leicht ihr Haupt vor ihm. Dann wandte sie sich an den Sohn, der noch immer an ihrer Seite ausharrte, seinen Arm noch immer griffbereit um ihre Taille geschlungen. Leise erklang ihre Stimme... schwingend wie die Seite einer Laute. „Entschuldige mich bitte einen Augenblick. Ich bin gleich zurück.“ Sorgenvoll sah er sie an. „Was hast du vor, Mutter ?“ Er bekam keine Antwort. Sie hob nur die Hand zum Zeichen, er möge sie gehen lassen.
Nun.. da sie wusste, was sie tun wollte, war sie ruhig. Rein äußerlich war nichts mehr von dem Sturm zu sehen, der über sie hinweg gezogen war. Doch hatte er seine Spuren tief in ihre Züge gegraben. Weiß wie frischer Schnee war ihr Antlitz, alles Blut ihm entwichen. Ihre Augen, dunkel und verschleiert standen übergroß darin... Zwei tiefe Bergseen, deren reines Wasser ein schweres Unwetter aufgewühlt hatte. Lippen , die nur noch 2 dünne blasse Striche waren, pressten sich aufeinander.. waren zerbissen von den Bemühungen, sie zu beherrschen. Hoch aufgerichtet zu voller Größe schritt sie durch die runde Halle ihrem kleinen Zimmer zu.
Leise öffnete sie die Tür. Die kleine silberweisse Tigerkatze , die schon so viele Jahre ihre treue Freundin war, strich ihr sanft um die Beine. Grüne Augen sahen die Elfe an, schienen in ihre Seele zu blicken. Ein leises Schnurren erklang. Die Priesterin beugte sich nieder und streichelte das samtweiche Fell des Tieres. Dann richtete sie sich auf und löste mit klammen Fingern die kleinen Haken, die ihre Robe verschlossen. Achtlos fiel der Stoff zu Boden, ein leise raschelnder weißer Haufen zu ihren Füßen. Sie trat an den Schrank und lies über die Kleidungsstücke gleiten,. Die darin hingen. Wie fast alles, das sie besaß , so hatte auch jedes ihrer Kleider, ihre Robe eine Geschichte.. eine Erinnerung eingefangen. Aus dem wenigen, was sie besaß wählte sie eine Robe aus schwerer blauschwarzer Seide. Knisternd schmiegte sich der Stoff um ihren Körper, lies ihn noch schlanker.. zerbrechlicher erscheinen. Schlichte Stickereien schmückten das Gewand. Am Ärmelbündchen waren tropfenförmige Perlen aufgestickt. Der hohe Kragen betonte die anmutige Linie ihres Halses. Ansonsten war sie einfach gehalten. Sie liebte einfache Kleidung,auf Spitzen und anderen unnützen Tand konnte sie gerne verzichten. Mit zitternden Händen verschloss sie den letzte Öse. Von einem kleinen Bord nahm sie ein Körbchen. Aus der Schublade zog sie eine schlanke weiße Kerze, die mit silbernen Sternen geschmückt war.

Ein kleiner Beutel mit geheiligter Erde aus ihrem Tempel vervollständigte das Ganze.
Noch einmal glitten ihre Augen durch den Raum, ruhten für einen Moment auf ihrem Bett, das sie in diesen Tagen.
Dann ergriff sie einen der langen Umhänge, die sie so liebte und ließ die Spange einrasten. Farblich passende Handschuhe vervollständigten das Ensemble. Mit einen leisen Seufzen trat sie hinaus im die Halle, wo am Brunnenrand noch immer die Männer auf sie warteten.
Ihr Sohn hatte sich erhoben. Schweigend standen die beiden Männer und sahen einander an. Der Klang ihrer Schritte durchbrach das Schweigen und die Gesichter wandten sich ihr zu. Überrascht sahen sie sie an.
Doch zumindest schien in ihrem Sohn eine Ahnung davon aufzusteigen, was sie vor hatte, hatte er sie doch ähnlich gekleidet bereits einmal erlebt.
„Was hast du vor, Mutter ?“ „Ich muss etwas erledigen.“ entgegnete sie ruhig. Er nickte nur sachte. „Ich werde dich begleiten. Du wirst nicht allein gehen. Warte hier, bis ich meiner Schwester Bescheid gesagt habe. Sie wird ebenfalls mitkommen wollen.“ Ein kurzes Nicken teilte ihm ihr Einverständnis mit.
Er wandte sich kommentarlos um und verschwand in den Tiefen des Raumes.
Sie blieb stehen, wo sie war..ganz auf das konzentriert, was sie tun wollte und musste. Es dauerte nicht lange und zwei Gestalten traten aus dem Halbdunkel des Raumes auf sie zu. Mittlerweile war der Tag der Nacht gewichen und die Dunkelheit hatte sich sanft wie eine Decke über das Land gelegt.
Mit behänden Schritten eilte die Tochter , noch gezeichnet von der gerade überstandenen Krankheit auf sie zu und schloss sie ohne ein Wort zu sagen in ihre Arme. Sie schmiegte sich für einen Augenblick an sie.
Der Sohn und Bruder legte die Arme um die beiden und so blieben die drei eine Weile stehen, jeder selbst Trost suchend, wie Geborgenheit schenkend.
„Du gehst nicht allein Mutter. Wir werden dich begleiten.“ wiederholte ihr Mädchen die Worte, die sie vor nur wenigen Augenblicken schon einmal gehört hatte.
„Wohin sollen wir dich bringen?“ „Bringt mich ins Tal... zum Baum.. Du erinnerst dich an den Platz, den ich dir einmal zeigte.?“fragte sie leise. Der junge Mann nickt und strich mit einem Seufzen sein dunkles Haar zurück. Dann ergriff er ihren Arm und führte sie in die Nacht hinaus.
Schweigend schritten die drei gemeinsam zum Horst, in dem der Greifenmeister lebte. Er sah nur müde auf, als sie einen Flug bestellten. Das mächtige Wesen blinzelte ein wenig, dann schüttelte es sein Gefieder und lies sie aufsteigen.
Als sie sicher Platz genommen hatten, breitete das riesige Tier seine Flügel aus und schwang sich hoch in die Lüfte. Einige Male peitschten sie kräftig durch die Luft. Dann ging der Greif in einen sanften Gleitflug über,trug sie auf seinen Schwingen dem Tal entgegen.
Gelandet in dem, kleinen Dorf im Wald stiegen sie ab und stießen einen leisen Pfiff aus. Zwei Tiger brachen aus dem nahen Unterholz hervor und legten sich mit einem leisen Fauchen vor den beiden Elfen nieder. Der Mann rief sein Streitroß herbei und sie sattelten auf.
Lautlos glitten die Katzen geschmeidig den Waldweg entlang. Nur das Klappen der Hufe durchbrach die Geräusche des nächtlichen Waldes. Stunde um Stunde rauschten die Tiere mit ihren schweigenden Reitern durch die Nacht. Lange schon hatten sie die festen Wege hinter sich gelassen und zogen quer durch den Wald, durch tiefe Täler an hohen Bergketten entlang, setzten über riesige Wurzeln, die ihnen den Weg versperrten.
Endlich, am Fuß eines schroffen Bergmassivs verlangsamten die großen Katzen ihr Tempo. Das Pferd schloss sich ihnen an. Für normale Augen kaum erkennbar wand sich ein schmaler Pfad den Berg hinauf. Unwegsam und steil führte er bergan, fast verborgen unter den Sträuchern zwischen den Felsen.
Die Priesterin nahm ihren Korb und begann mit gesenktem Haupt den Weg entlang zu gehen. Hinter hier folgten sich an den Händen fassend und eng umschlungen ihre Kinder. So stiegen sie mühsam hinauf. Kein Zögern, kein zaudern war in ihrem Schritt. Sie wusste sehr genau wohin sie wollte und strebte unermüdlich weiter, fast am Ziel nun angelangt. Nach langen Minuten des Aufstiegs verbreiterte sich der Pfad zu einer Plattform. Als sie um die letzte Biegung kam, erhob sich der Stamm eines uralten Baumes vor ihnen. Riesig ragte er hoch hinauf in den Nachthimmel. Unten an der Wurzel war er hohl und bildete aufgrund seines Umfangs eine natürliche Höhle, in deren Mitte sich ein mittelgroßer Felsen erhob.

Der Felsen war im oberen Drittel durchbohrt und ein hell leuchtender Kristall lag darin. Erstaunen trat auf das Gesicht der Tochter.. fast schon ein wenig Angst.
Der Mann trat hinter sie , umschlang sie mit seinen Armen.
Die Priesterin selbst ließ ihren Blick über den hohlen Baum gleiten. Sie fand das Innere unverändert. Niemand schien seid ihrem letzten Besuch hier gewesen zu sein.
Unter leisem Rascheln ihrer Robe sank sie auf das Knie und verhielt eine Weile so.
Hinter ihr standen eng umschlungen Tochter und Sohn und hielten sich gegenseitig aufrecht. Sie war sich ihrer stillen Anwesenheit sehr bewusst. Deutlich präsent waren sie in ihrem Rücken, gaben ihr die Gewissheit ,nicht allein zu sein, waren ihr nahe. Es war ein gutes Gefühl, sie bei sich zu haben.. das sich gleich einem weichen warmen Gewicht mit dem vereinte,welches sie unsichtbar noch verborgen in ihrem Schoß trug, sein Geschenk an sie, mehr als ein bloßes Andenken. Sein Kind trug sie sicher in ihrem Schoß, behütet und geschützt von denen, die sie im Herzen trug.
Kniend verharrte sie vor dem Stein, den schönen Kopf anmutig geneigt. Ihr langes silbernes Haar floss weich zu beiden Seiten herab und umrahmte ihr von tiefer Trauer geprägtes Gesicht.
Und doch war Ruhe in ihre Züge eingekehrt und noch etwas schimmerte darin. Ein erster Anflug von Hoffnung? Ja.. ein leiser Hoffnungsschimmer und Entschlossenheit lag darin.
Sie nahm den Beutel mit der Erde aus dem Korb und schüttete diese zu einer kleinen Pyramide in die Höhlung des Steins. Dann entzündete sie die Kerze und stellte sie dort hinein. Im ersten Augenblick flackerte die Flamme, drohte sie zu verlöschen. Doch die Hand der Priesterin bildete eine schützende Wölbung und der sanfte Schein der Kerze wurde ruhig.
Wie ein langsamer Fluß strömten Worte aus ihrem Mund, sie hielt Zwiesprache mit dem Manne, dem sie ihr Herz geschenkt und der sie so unendlich glücklich gemacht hatte.
Bilder vergangener Tage stiegen in ihr auf, Erinnerungen an so wenige unbeschwerte Stunden in ihrem gemeinsamen Leben. Lange sprach sie mit ihm. Vieles hatte sie ihm doch noch zu sagen. Die beiden jungen Gestalten hinter ihr nahmen still schweigend teil an ihrer Andacht, vereinten ihre Gedanken mit denen der knienden Elfe. In den tränen überströmten Gesichtern lag die gleiche Traurigkeit und der Schmerz, aber auch die Entschlossenheit , Mutter und ihre noch ungeborene Schwester zu schützen, komme, was da wolle. Sie standen da als Versprechen da zu sein, sie zu begleiten und festzuhalten, nahmen Anteil an ihren Gefühlen.
Leise erklang nun die Stimme der Frau, die den Segen für den Geliebten sprach. Und obwohl ihr Gesicht nass war von den Tränen.. die ihr unablässig über die Wangen liefen, sprach sie ruhig mit einer Gewissheit, die aus ihr selbst heraus erwuchs.
„Was ich ganz tief im Herzen trage, das kann der Tod mir nicht nehmen. Wir steigen hoch und fallen tief. Wem ist das Glück gegeben? Doch meine Seele fliegt weit fort.. unendlich zu den Sternen.“ Mit diesen Worten schloss die Elfe ihren Segen. Noch einmal wurde es still. Eine zerbrechliche dunkle Gestalt, die ihr silbernes Haupt vor der Kerze im Stein neigte.. hob sich kaum von der Dunkelheit der Nacht ab. Dann stand sie auf.. schwer waren ihre Glieder, fast taumelte sie ein wenig, erschöpft von den Anstrengungen der vergangenen Stunden.
Sofort waren Sohn und Tochter an ihrer Seite und hielten sie fest.
Liebevoll schloss sie beide in die Arme, ließ sich ihrerseits in die Umarmung fallen. Regungslos blieben sie stehen im Schein der brennenden Kerze unter einen wunderschönen Sternenzelt, umschlossen von der Kraft des uralten Baumriesen, der doch schon so vieles gesehen hatte.
Dann sprach sie leise: „ Gehen wir nach Hause.“
Eng umschlungen wandten sie sich im.. ein letzter Blick zurück.. und verschmolzen mit der Nacht.. während die Kerze hinter ihnen still und sanft erstrahlte.

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